Ignaz Semmelweis

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Ignaz Semmelweis, Kupferstich, 1860.

Ignaz Philipp Semmelweis, 1.7.1818 in Buda / Ungarn, † 13.8.1865 in Oberdöbling bei Wien, war ein ungarischer Chirurg und Geburtshelfer.[1]

Lebenslauf

Semmelweis studierte Medizin und erhielt 1844 seinen Doktorgrad an der Universität Wien. 1845 folgte die Promotion zum Doktor der Chirurgie. 1846 wurde er Assistenzarzt in der geburtshilflichen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien und arbeitete als Assistent von Prof. Klein, dem Leiter der 1. geburtshilflichen Klinik.[1] An dieser Klinik wurden Ärzte ausgebildet; es gab außerdem eine 2. geburtshilfliche Klinik, die zur Ausbildung von Hebammen diente.[2]

Es war bekannt, dass in der 1. Klinik wesentlich mehr Mütter nach der Entbindung am Kindbettfieber starben als in der 2. Klinik, wo keine Obduktionen durchgeführt wurden. Semmelweis wollte den Grund dafür herausfinden und untersuchte die verstorbenen Mütter daher noch gründlicher. Doch gerade durch diese Bemühungen stieg die Zahl der Todesfälle in seiner Abteilung noch weiter an, so dass werdende Mütter sich schließlich weigerten, in seine Abteilung verlegt zu werden. Als ein befreundeter Gerichtsmediziner während einer Leichensektion versehentlich mit dem Skalpell verletzt wurde und wenige Tage später an einer Blutvergiftung starb, fiel Semmelweis auf, dass der Krankheitsverlauf dem Kindbettfieber ähnelte. Er glaubte nun, das Rätsel des Kindbettfiebers gelöst zu haben und sah die Ursache für die hohe Sterblichkeit darin, das die Ärzte und Studenten der 1. geburtshilflichen Klinik täglich Leichen sezierten und danach, ohne sich die Hände zu desinfizieren („mit an der Hand klebenden Cadavertheilen“), Entbindungen und vaginale Untersuchungen durchführten. Er wies als Konsequenz seine Studenten an, nach Leichensektionen die Hände und Instrumente mit Chlorkalk zu desinfizieren und erreichte damit, dass die Sterblichkeit von 12,3 auf 1,3 Prozent sank und damit sogar unter der der 2. Klinik lag.[1]

Trotz dieses Erfolgs wurden die Arbeiten von Semmelweis lange Zeit von führenden Medizinern als „spekulativer Unfug“ abgelehnt. Viele Ärzte und auch seine Studenten hielten Hygiene für Zeitverschwendung und unvereinbar mit den damals geltenden Theorien über Krankheitsursachen. Vielmehr wurde von vielen das Kindbettfieber beispielsweise auf schlechte Luft, das Ausbleiben der Menstruation oder einen Milchstau zurückgeführt. Die Ärzte wollten nicht wahrhaben, dass sie selbst die Verursacher jener Krankheit waren, die sie eigentlich heilen wollten. Viele Mediziner feindeten Semmelweis stark an und bezeichneten ihn als „Nestbeschmutzer“, nur wenige unterstützten ihn. Seine Gegner erreichten 1849, dass er aus dem Dienst des Krankenhauses ausscheiden musste.[1]

Da er immer wieder auf Ablehnung in Teilen der Ärzteschaft hinsichtlich der von ihm empfohlenen Desinfektionsmethoden stieß, ging er ab etwa 1861 dazu über, offene Briefe an Professoren im Bereich der Geburtshilfe zu versenden. Er prangerte das unnötige Sterben tausender Wöchnerinnen und Säuglinge an und versuchte, seine Kollegen von der Richtigkeit seiner Erkenntnisse schriftlich zu überzeugen. Er verlangte: „Das Morden muss aufhören!“ Es schlug ihm aber fast nur Ablehnung entgegen. Er wurde zunehmend jähzornig, beschimpfte Kollegen und witterte überall Feinde.[1]

1865 erkrankte Semmelweis an schweren Depressionen und wurde im Juli 1865 ohne Diagnose von drei Ärztekollegen in die staatliche Landesirrenanstalt Döbling bei Wien eingeliefert. Kurz darauf starb er. Erst nach seinem Tode wurde die Bedeutung seiner Erkenntnisse erkannt.[1]

Parallelen zum Fall Dr. Hamers

Wie Semmelweis war auch Hamer ein Arzt in leitender Position. Beide überzeugten sich zunächst im klinischen Betrieb von der Richtigkeit ihrer Theorie und stellten sie dann anderen Ärzten, Professoren und der Öffentlichkeit vor. Sowohl Semmelweis' als auch Hamers Forschungsergebnisse hätten jeden Mediziner neugierig hätten machen müssen, jedoch mussten beide feststellen, dass die anderen Mediziner ihre Entdeckung auf breiter Front ablehnten und sie nicht einmal überprüfen wollten. Auch jahrelange Überzeugungsarbeit nützte nichts. So entstand Verbitterung über die tausenden (im Falle Semmelweis') bzw. Millionen Menschen (im Falle Hamers), die über die Jahre unnötig gestorben waren, nur weil die Ärzteschaft ihren Irrtum nicht eingestehen wollte. Aber nicht nur der Unwille der anderen, sondern auch das Verhalten von Semmelweis und Hamer selbst trug Schuld daran, dass ihre Entdeckung nicht zu Lebzeiten aufgegriffen und gewürdigt wurde: Semmelweis schadete der Durchsetzung seiner Lehre durch sein ungeschicktes und besessenes Verhalten,[1] bei Hamer war es ähnlich.

Einzelnachweise und Anmerkungen